… hier wo die Schrote entspringt
Das Titelfoto zeigt den Fischteich in Fließrichtung der Schrote, 16.02..2017
Rötheplatz und Röthekabel am Hemsdorfer
Fischteich?
Der Fischteich, südöstlich vom Dorf, am Schrotegraben gelegen, war schon
immer ein "mystischer Ort" mit vielen Geheimnissen. Er lockte wohl schon
immer die Hemsdorfer uns Kinder an, um unsere Fantasien umzusetzen.
Zumindestens ab den 50ern Jahren des 20.Jh. Vorher wurde dieser Fleck
wahrscheinlich beackert oder anderweitig genutzt. Hier war die Pferdekoppel
von Raeckes Gut, hier hatte der Ziegenbock der Gemeinde seinen
Futterplatz, Jakobschak‘s Garten lag hier und die Wiesen als Weide und für
das Heu. Am Schrotegraben sind noch immer die riesigen Kopfweiden zu
finden. Sie waren Lieferant von Brennholz zu vielen anderen Zwecken. Die
langen Stangen auch auf den Ackerwagen für die Heueinfuhr.
Als ich aufwuchs war der Fischteich, Versteck, Kletterpark,
Abenteuerspielplatz, Ersatzteillager für alles Mögliche.
All das konnte man hier vorfinden und es hat nichts gekostet. Außer
vielleicht Wasser zum Waschen und Zwirn zum flicken der zerrissenen Hose,
wenn man wieder zu Hause war.
In der wärmeren Jahreszeit haben dort Hans-Dieter,Wilfried, Jürgen, Horst,
Olaf, Gerald, Axel, Peter … "Bunker" gebaut, möglichst nahe an der Schrote,
um mit einem Wasserrad auch Strom für eine Lampe zu erzeugen. Morgens
raus, mittags kurz nach Hause, bis die Eltern besorgt zum Abendbrot gerufen
haben. Wenn es im Sommer länger hell war oder schönes Wetter und
Wochenende (damals ab Sonnabendmittag und Sonntags traf man sich
nochmals an der Butze. Unten beim Fischteich, war die gängige (Lage)
Bezeichnung. Die Ausgehöhlten Weiden waren gute Verstecke, der dann dort
später entstandene „wilde Schrottplatz" Ersatzteillager für kaputte Fahrräder,
Materiallager für selbstgebaute "Autos" oder defekte Mopeds. Im Winter
wurden hier die besten Eishockeyschläger aus den Büschen und Bäumen
herausgesägt um auf den zugefrorenen Dorfteich bis in die Nacht den Puck
zu spielen. Flutlicht gabs von der Straßenlampe an Müllers Ecke.Oder es
wurden Weidenruten geholt um Schleudern oder Flitzebögen mit ihren
Pfeilen zu bauen.
Und wo haben wir uns auf die lauer gelegt Peter?
Es war aber auch nicht ungefährlich im Fischteich, im hinteren Bereich an
der Schrote, was wohl eigentlich als Fischteich gilt, ist Morast und Sumpf.
Etliche Quellen und kleine Rinnsale versuchen den Schrotegraben zu
erreichen und bilden einen moorigen Untergrund. Ganze Pferdefuhrwerke
sind darin versunken, Waffen und Munition sollen dort hineingeworfen
worden sein. Vor kurzen sagte mir eine Mutter, das ein ganzer Panzer da
versunken sein soll, so hat man ihr erzählt.
erste Aufnahme(n) vom
„Osmanischen Reich“
Nach der Bodenreform wurden die Flächen nach und nach
anders oder gar nicht mehr genutzt. Raeckes Koppel wurde
zu Hosenthien‘s Garten und Wiese, die Wiese des
Ziegenbocks wurde Brachland und diente als "Lagerplatz"
wenn der Teich ausgeschlammt werden musste. Ein kleiner
Teil in Höhe der Esche auch als Schrottplatz. und der
Erdaushub von der Schrotestraße, die im Jahre 2000 (?)
erneuert wurde, wurde hier ebenfalls abgekippt. Auch aus
dem Groß Rodenslebener Teich wurde hier mal entsorgt. Da
wo Schutt liegt kommt auch immer mal wieder was dazu.
Heute findet man die eine oder andere "Kostbarkeit" aus
vergangenen Tagen. Wenn sie dann ans Tageslicht kommt.
(Siehe unter Gesucht und Gefunden).
Da wo jetzt Christian Schuster die Wiese als Koppel für die
Pferde nutzt, hatten mein Vater -Willi Meier,
Gerhard Hosenthien und XXXXX (?), ein
Stück Wiese, auf der zweimal Heu geerntet
wurde. Auch hier ist es teilweise sumpfig
und die Pferde schafften es kaum den
beladenen Heuwagen herauszuziehen. Ich
durfte beim beladen des Wagens das Heu
festtreten, damit recht viel oder sogar alles
auf dem Wagen passte.Dass musste
ziemlich fix gehen und ich musste auf die
Zinken der Heugabel aufpassen wenn das
Heu hochgereicht wurde. Ich glaube die
Ganze Familie war immer im Heu zugange.
Durch meine Mutter wurde das Heu zu Reipe
geharkt um daraus größere Berge zu bilden,
damit das beladen des Pferdewagens
einfacher und schneller ging. Die Männer
(mein Vater und meine Brüder) luden
auf und lenkten die Pferde. Zum
Schluss war der Wagen so hoch mit
dem Heu beladen, daß ich nicht mehr
vom Wagen runter kam. Die Fahrt nach
Hause, oben auf dem Heu war für mich
immer was besonderes. Der Duft des
getrockneten Grases und das
Schwanken der ganzen Fuhre und das
schnaufen der Pferde. Abgeladen
wurde dann bei uns auf dem Hof. Das
Heu kam links in den Schuppen. Ich
weiß gar nicht, wie lange wir die Wiese
genutzt haben. Denn so weit ich mich
erinnern kann, hatten wir Anfangs eine
Kuh namens Blume, drei Ziegen und
Schweine. Später nur noch Karnickel
und Federvieh.
Nach der "Wende" wurde einiges beräumt,
planiertund beackert. Ein Rodelberg entstand hier
durch Kräfte der ABM (Arbeits-Beschaffungs-
Maßnahmen, W. Zunker, H. Wartenberg u.a.),
der nie einen Schlitten gesehen hat. Im
Zuge der in teilweise Eigeninitiative
errichteten Zentralen Wasser-
Versorgung und Abwasser-Entsorgung zu
DDR Zeit durch die Hemsdorfer (80. Jahre)
wurde auch die hier befindliche Klärgrube
zurückgebaut.
Heute lassen Bäume und Gestrüpp, wenn alles
zugewachsen ist, den Eindruck eines
Märchenwaldes entstehen wie Paul Rudolf zu
seiner Mama sagt, um zu beschreiben wo sein
älterer Bruder spielt.
Ich hatte diese Flächen ab 1997 für ein
paar Jahre für zwei Haflinger Pferde,
Maica und Apollo später dann noch
Maja als Weide genutzt und als
Koppel eingezäunt. Haflinger sind
sehr schöne Pferde und genügsam.
Meine waren auch gefräßig. Ihre
Köpfe, wenn sie nicht gerade ein
Päuschen eingelegt hatten, waren
nur auf der suche nach leckerem
Futter dicht über den Boden. Dadurch
ließen sie diese Flächen zeitweise als
zur Parkanlage erscheinen. Kaum Gras,
keine Brennnessel, alles platt. Sie
waren die perfekten Selbstversorger.
Heute lassen Bäume und
Gestrüpp, wenn alles
zugewachsen ist, den
Eindruck eines
Märchenwaldes entstehen,
wie Paul Rudolf zu seiner
Mama sagt, um zu
beschreiben wo sein älterer
Bruder spielt. Im
Märchenwald!
Derzeitig ist wieder Wuhling am Fischteich. Gleich vorn an der Schrote wurde eine
riesige Festung Gebaut. Altes Baumaterial von vorigen Abenteuern, mühsam im
Fischteich verbaut, wird wieder zusammengetragen und umfunktioniert. Kein
Nintendo oder TV kann sie jetzt zu den Osterferien so fesseln wie die eigenen Ideen
und Fantasien.
Mehrere Grüppchen, am Anfang, hatte jede seine eigene Butze. Aus Einzelteilen
wurde ein Gesamtkunstwerk. Eine Festung , eher ein Panzerkreuzer, würde ich sagen.
Ein Schild mit der Aufschrift > GEFAHR< warnt alle Unbedarften und Unbefugten vor widerrechtlichen Eintritt. Die längere
Version wäre
>Betreten für Erwachsene Verboten<.
Der Fischteich ist wieder Versteck, Kletterpark, Abenteuerspielplatz, Baumarkt und das, finde ich, ist gut so.
Das Osmanische Reich im Fischteich
(Ab April 2017)
Der Fischteich ab 1990
Der Fischteich zu meiner Kindheit
Der Fischteich im 17.
Jahrhundert!
Oben hatte ich ja beiläufig erwähnt, was so in diesem Bereich alles „abgeladen“
wurde. Ich gehe deshalb davon aus, dass diese Fläche zur Schrote, vom davor
liegenden Feldweg um einige Meter tiefer lag und schräg abfiel, aber trotzdem
ziemlich eben (plan) war.
Auch das hier früher Koppel und Wiese war und jetzt auch noch ist, deutet auf einen
nicht gerade fruchtbares Ackerstück hin. Überlieferte Flurnamen haben in ihrer
Beziehung auch einen praktischen Ursprung. Ob hier tatsächlich mal Speisefische
gehalten wurden ist nicht widerlegt aber bisher auch nicht bewiesen. Ich habe dazu
jedenfalls noch nichts gelesen.
Meine Version in Hinblick auf den Namen „Fischteich ist, dass die Schrote früher, bedingt durch
ein anderes Klima (kleine Eiszeit, im Winter mehr Schnee), auch mehr Wasser hatte und vor allem
im Bereich des Fischteiches die Quellen besser sprudelten. Auch in diesem Jahr (2017) führte die
Schrote erst im Bereich des Fischteiches Wasser. Das Wasser der Schrotequelle selbst erreicht
wenn überhaupt gerade einmal den Dorfteich. Und das ist keine Ausnahme.
Hier am Ende des Dorfes, besaß "der Bauer" ein Stückchen Land, dass man vielleicht auch zur
"Fischzucht" nutzen konnte und ihm auch erlaubte. Denn auch im Dorfteich wurden zur Zeit, als
Hemsdorf noch Vorwerk war, Fische gehalten, was Aufzeichnungen belegen.
.
Der Fischteich selbst war durch einen Damm zur Schrote hin abgesperrt und wurde durch
mehrere Quellen gespeist. Die Schrote floss daran vorbei. Auch ich kenne noch einen
kleinen Steg zwischen Schrote und "Sumpfloch", den eigentlichen Fischteich. Hier konnte
man beim "Kriegen" (heute sagt man Fangen) spielen seinen Verfolgern leicht
entwischen, wenn man gut springen konnte. Das Wasser war und ist immer ein bisschen
rostbraun. Vermutlich war das was ich hier als eigentlichen Fischteich beschreibe (das
Sumpfloch) in der Vorzeit auch viel Größer und zog sich noch etliche Meter an der
Schrote hin, in Richtung Dorf.
Rudolf Werner berichtet darüber folgendermaßen:
„Mein Alturgroßvater Johann Friedrich Wilhelm Werner -1826 bis 1905- in Hemsdorf,
war Webermeister im Ort. Bestimmte Stoffprodukte wurden zu dieser Zeit u.a. aus der Flachspflanze hergestellt. Das
Endprodukt war das Leinen oder auch Linnen genannt. Haus- und Bettwäsche, Bekleidung oder Leinwände für die
Malerei wurden daraus hergestellt. Da der Erbpächter Jacobs ein Onkel von ihm war ist es denkbar, dass er den
Rötheplatz mit nutzen konnte oder geteilt hat.“
"In meiner Kinderzeit bauten die Hemsdorfer Bauern auf kleinen Flächen
Flachs an. Auch bei dem Bauer Walter Jacobs war es nicht anders und da meine Eltern bis 1939 bei ihm beschäftigt
waren, habe ich als Kind bei der Ernte Flachs ruutetreckt (rausgezogen). Die Stängel herausgezogen, eine ganz leichte
Tätigkeit.“
Das Feld lag in der Nähe von Schlüter‘s Abfindung (Garten). Ich erinnere mich noch gut an die unentgeltlich Arbeit. Vom
Fischteich, unseren Abenteurerspielplatz … … …“
Das Röthen ist eine frühere Bezeichnung von Arbeitsgängen zur Gewinnung von Pflanzenfasern,
hier speziell beim Flachs, aber auch Hanf und Jute, durch Faseraufschluss. Beim "Röthen" oder
später beim "Rösten" werden die Pektine (Ballaststoffe) auch Geliermittel oder "Pflanzenleim" im
Pflanzenstengel aufgelöst. Dies geschieht durch Mikroorganismen die sich beim Verfaulen "rotten -
rot" werden der Pflanze (eigentlich bräunlicher Farbton) bilden.
Danach ist es möglich durch weitere Einwirkungen (Bearbeitungen) die Pflanzenbestandteile von
einander zu trennen. Man konnte den Flachs auch "einfach auf den Feld ausgebreitet liegen lassen
und dies durch den Tau erledigen lassen (Tau- oder Feld-röste. Was dann mehrere Wochen dauern
konnte aber wenig die Umwelt belastete, da die inhaltsstoffe zurück auf den Acker kamen. Das
Flachsstroh wird dabei einfach ausgebreitet auf dem Acker belassen.
Am Rötheplatz im Röthekabel
wurde die Wasserröste durchgeführt. In einem offenen Gewässern,die
Pflanzen liegen dabei entweder mehrere Tage in warmem Wasser
(Warmwasserröste) oder zwei bis drei Wochen in kaltem Wasser
(Kaltwasserröste). Diese Form der Röste belastet stärker die Gewässer, ist
aber wegen des geringeren Zeitaufwandes oft wirtschaftlicher. Wegen dieser
Gewässerbelastung wurde das Verfahren 1843 stark eingeschränkt.
Foto links: So sah es noch
bis 1960 auf unserem Hof
und dem von Familie Robert
Werner aus. Hinten rechts
das Klo von Werners. Meine
Mutter melkt gerade unsere
Blume.
Foto rechts: Ehemaliger
Bach oder Graben, der
Röthekabel. Unter den Baum
oben entspringt eine kleine
Quelle, die früher noch
ergiebiger gewesen sein
muss.
Skizze: Lage
des
Rötheplatzes
am Fischteich
Foto oben: Der Fischteich im Februar 2017,
Blick in Fließrichtung der Schrote.
Umweltschutz schon im 19. Jahrhundert?